Royal Republic Live at Green Juice Festival
Magazin Musiktruhe

Royal Republic – Live at Green Juice

Es ist eigentlich ganz beschaulich, das im rechtsrheinischen Bonn-Beuel gelegene Neubau-Gebiet längs der A 565. Eigentlich, denn einmal im Jahr tobt hier seit zwölf Jahren der Bär. Was mal mit einem kleinen Nachbarschaftsfest begann ist heute Bonns angesagtester Open-Air-Event – das Green Juice Festival. Erinnerungen an die gute alte R(h)einkultur kommen hoch, wenngleich das Konzept ein anderes ist. Einmal im Jahr also ragt eine riesige Bühne hinter den Doppelhaushälften empor, strömen von überall her Menschen durch das Wohngebiet auf das Festivalgelände und wabern Gitarren, Drums und Bässe durch die Luft. Mittlerweile sogar das ganze Wochenende über.

Auch das Line-up (green-juice.de/artists/) kann sich absolut sehen lassen: OK Kid, Swiss & Die Anderen, Rogers und Sondaschule geben sich die Ehre. Und – finally – Royal Republic als Headliner des zweiten Festivaltags! Mit zwei Jahren Verspätung durften die vier Schweden endlich das Green Juice rocken. Eigentlich sollte das schon 2017 passieren, aber damals fiel der Auftritt buchstäblich ins Wasser. Aus der Wiese wurde ein Sumpf und aus Open-Air wurde eine Acoustic-Session im Brückenforum an der Bonner Kennedy-Brücke.

Vorhang auf und Bühne frei

Nun also war es so weit. Und das Warten hat sich gelohnt, auch dank der „Vorgruppen“, die dem Publikum schon vor dem Auftritt der Schweden-Rocker ordentlich einheizten. Vor allem die Sondaschule aus Mülheim an der Ruhr legte einen großartigen Auftritt hin. Aber der Reihe nach.

Unter dem Label „Local Acts“ trat am Mittag unter anderem die Bonner Band Roskapankki auf, die mit einer Mischung aus Ska, Punk, Polka und Humpta Humpta begeistern wollte. Obwohl von mir mit Spannung erwartet, konnten mich die Jungs leider nicht restlos überzeugen. Vielleicht lag es am Open-Air-Ton, aber irgendwie wollten die grundsätzlich geilen Bestandteile der einzelnen Songs nicht zusammenfinden. Gerade die für diesen Stil entscheidenden Bläser führten an diesem Tag ein Eigenleben.

„Placebo“-Placebo und Mittelfinger

Bloodhype, die im Line-Up folgende Band, wirkten in meinen Augen ebenfalls etwas deplatziert. In einer dunklen Club-Atmospähre hätte es vielleicht gut gepasst, auf dem sonnigen Green-Juice dagegen weniger. Vorab als „pulsierend“ angepriesen verpuffte der Indie-Sound leider weitgehend. Ist natürlich alles Geschmacksache, für mich an dem Tag aber nicht mehr als ein „Placebo“-Placebo. Und wo wir gerade so schön austeilen: Alli Neumann hat eine super Bühnenpräsenz, aber dass bei ihrem Auftritt der Himmel zu weinen anfing, wundert mich nicht. Aber hey, auch hier gilt, Geschmacksache. Ist einfach nicht meine Musik.

Rogers Live at Green Juice Festival 2019 (Foto: Ben Fischer / Benanza.Pix)
Rogers Live at Green Juice Festival 2019 (Foto: Ben Fischer / Benanza.Pix)

So, jetzt aber genug geschimpft. Die folgenden Auftritte der Rogers, der Sonderschule und natürlich der Royal Republic begeisterten selbst im flüssigen Sonnenschein. Mit lupenreinem, druckvoll vorgetragenem Punkrock ließen die Rogers keinen Zweifel daran, dass es ab sofort „was auf die Ohren“ gibt. Der – passend zum aktuellen Album – im Bühnenbild platzierte Stinkfinger schlug hier auch akustisch voll durch. Da blieben keine Fragen offen und keine Arme am Körper.

Dumm, aber glücklich

Gleiches galt umso mehr für die Sondaschule, gemessen an den zur Schau getragenen Fan-Shirts, der heimliche Headliner. Und so spielten sie auch auf. Bereits mit dem selbstbetitelten Opener ballerten mir die sechs „Sondaschüla“ einen feinen Ohrwurm in den Kopf, den ich bis heute nicht wieder losgeworden bin („…weil ich in der Sondaschule bin…“). Geiler Sound, geile Typen, geile Texte – sehr simpel und eingängig und damit perfekt zum Mitgröhlen („ich bin dumm, aber glücklich…“). Reflexartiges Saufen und Hüpfen gibt es inklusive.

Sondaschule Live at Green Juice Festival 2019 (Foto: Ben Fischer / Benanza.Pix)
Sondaschule Live at Green Juice Festival 2019 (Foto: Ben Fischer / Benanza.Pix)

Royal Republic zünden ein Feuerwerk

Und dann kam, auf dem Siedepunkt der Stimmung, tatsächlich und wahrhaftig die Royal Republic. Um den Auftritt nicht zu gefährden hatte selbst der Regen zwischenzeitlich eine Pause eingelegt. In samtrote Smokings gekleidet eröffnete die Band aus dem schwedischen Malmö mit einem Song vom neuen Album „Club Majesty“, der ersten Single-Auskopplung „Fireman & Dancer“. Band und Publikum brauchten keinerlei Aufwärmphase, der Sondaschule sei dank. Skandinavisch lässig und stets mit einer großen Portion Augenzwinkern zeigte Royal Republic in jeder Sekunde ihre unglaubliche Bühnenqualität.

Royal Republic Live at Green Juice Festival 2019 (Foto: Ben Fischer / Benanza.Pix)
Royal Republic Live at Green Juice Festival 2019 (Foto: Ben Fischer / Benanza.Pix)

Neben weiteren neuen Songs wie „Stop Movin'“ gaben die Schweden dabei auch viele ältere Hits zum Besten, etwa „Underwear“, „Baby“ und meinen persönlichen Lieblingssong „Thommy-Gun“. Auch die gute alte „Full Steam Spacemachine“ dampfte durch den Wohnpark. Perfekt getimte Drum- oder Bass-Intermezzi sowie ein locker eingeworfenes AC/DC-Riff verbanden die ohnehin schon sehr gefälligen Songs zu einem durchgehend mitreisenden Gesamterlebnis. Keine Spur von Längen oder Langeweile. Daher war es fast schon sinnbildlich, dass die Veranstalter dem musikalischen Feuerwerk des Headliners ein pyrotechnisches folgen ließen. Ein wahrhaftig passender Abschluss eines großartigen Konzerts, ja, eines einmal mehr großartigen Festivals.

Royales Feuerwerk Live at Green Juice Festival 2019 (Foto: Ben Fischer / Benanza.Pix)
Royales Feuerwerk Live at Green Juice Festival 2019 (Foto: Ben Fischer / Benanza.Pix)

Es bleibt zu wünschen, dass das Green Juice Festival seinen noch immer spürbaren familiären Charakter bewahrt. Weder die Ausweitung auf das gesamte Wochenende noch die damit einhergehende Preissteigerung konnten daran bislang etwas ändern. Dazu tragen insbesondere die vielen – wohl überwiegend freiwilligen – Helfer, das immer wieder interessante Line-Up und vor allem das Publikum selbst bei. Ob Sonne oder Regen, gute Stimmung allen Ortes und zugleich ein Fest für alle Generationen. Es gibt wohl kaum ein Festival, bei dem Jung und Alt so einhellig zusammen abfeiern. So soll es sein und so kann es bleiben.

0 Kommentare zu “Royal Republic – Live at Green Juice

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert