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Trailerpark News – Serial Killer

Okay Leute, ich oute mich als Dozent für „Binge-Watching“ (neudeutsch für Koma-Glotzen), kenne mich in Theorie und Praxis wirklich sehr gut aus, wobei die Grenze zwischen Passion und Suchtverhalten mittlerweile fast aufgehoben ist – in Zeiten des Serien-Overkills wirklich ein „Problem“, schließlich wirkt sich eine Sucht immer negativ auf irgendwas aus. Im Fall von Glotzsucht ist das so ziemlich alles was auch „Zeit“ verlangt. Dabei hat alles einmal relativ harmlos angefangen…

Once upon a time

In Kinder- und Jugendtagen bin ich mit den typischen 80er-Jahre-Serien wie „Trio mit vier Fäusten“ und „Ein Colt für alle Fälle“ groß geworden. Diese Formate verfolgen ein „Procedural“-Konzept, d.h. sie haben eine in sich abgeschlossene Handlung pro Folge. Da kann man also auch durcheinander oder lückenhaft glotzen, wodurch der Suchtfaktor eher gering bleibt. Später wurde es dann mit „Magnum“ und „Star Trek TNG“ schon etwas schärfer, denn hier sind erste Anzeichen für ein „Serial-Konzept“ erkennbar, gab es doch vereinzelt Folgen-/Staffelübergreifende Handlungsstränge. Ja, da möchte man schon wissen wie es weiter geht. Und dann traf ich auf „Akte X“ und schließlich die Göttin aller Binge-Formate „LOST“ („Hardcore-Serial-Konzept“, d.h. ohne Vorwissen kein Einstieg möglich, bei Einstieg kein Aufhören möglich = macht definitiv süchtig!) und verlor mich vollends in den Mysterien dieser Storywelten.

Und da der Süchtige seine suchtbasierten Erfahrungen immer wieder will und braucht, suche ich nun immer wieder nach vergleichbaren Suchtstoffen. Die folgenden Empfehlungen sind in den letzten Wochen und Monate über meine Netzhaut geflimmert. Manches davon ist extrem empfehlenswert. Aber Vorsicht ist geboten: Wie eingangs erwähnt kann der Genuss eines oder mehrerer dieser Produkte abhängig machen (Big Disclaimer!).

Legion

Fangen wir mit dem verwirrendsten und maximalst Andersartigen an: LEGION ist keine Serie, LEGION ist ein 27 Folgen andauernder Rausch! Ein Trip in den Geist bzw. die verschiedenen Geister von David Haller, der schizoid in einer Psychiatrie einsitzend nicht wirklich zwischen Realität und Wahnsinn unterscheiden kann – und der Zuschauer ebenso wenig! Denn die „Story“ ist kaum erkennbar und hätte – was konkrete Handlungsverläufe angeht – locker auf zwei DIN-A4-Seiten gepasst. Doch die unfassbar ausufernde Inszenierung mit einer nie gesehenen Bildsprache verpasst dem eigentlich dünnen Gerüst surreal wirkende und in allen Farben erstrahlende Lichtsäulen.

Abwechslungsreicher geht es nicht: Wir haben Astralprojektion, Zeitreisen, Body-Horror, Sci-Fi-HighTech, Western-Duelle, Sekten-Gurus, Massenmord und und und… Und dass das Ganze im X-Men-Universe spielt bzw. aus diesen Comics stammt ist hier schlichtweg Latte. Im Prinzip sehen wir nur ganz am Ende einen minimalen Zusammenhang zu Figuren/Storys daraus. Daher kann die Serie wirklich als völlig eigenständig gelten – mehr Outstanding geht nicht!

The Man In The High Castle

Philip K. Dick schrieb einmal eine Kurzgeschichte über ein Paralleluniversum, in dem die Nazis den Krieg gewonnen haben und die USA zwischen den Siegermächten Deutschland und Japan aufgeteilt wurden. Der „Man in the High Castle“ hat die Fähigkeit in andere Universen zu greifen und die Welt wie sie ist dadurch in Frage zu stellen. Wenn man sich die Mysterien um den Autor so ansieht könnte man fast auf die Idee kommen, das wäre eine autobiographisch angehauchte Story. Wie auch immer, Amazon hat daraus eine Serie mit 40 Folgen gemacht, und die ist wirklich sehr schön anzusehen. Wobei „schön“ eher relativ ist, denn die Welt ist eher grau und trist.

Stahlhart führen Nazis und Japaner ein Regime der Unterdrückung, Humor findet hier noch nicht mal im Keller statt. Jede aufkeimende Hoffnung wird umgehend zertrampelt – bis eben auf den Typen im Schloss, der fleißig Filme verteilt (in der Buchvorlage sind es Bücher) und somit eine Untergrund-Widerstandsgruppe „füttert“. Rufus Sewell steht dem großartigen Cast als US-Nazi-Kommandant vor. Neben der vereinnahmenden Geschichte und dem sonderbaren Setting (die Nazis haben bspw. Flugzeuge entwickelt die in zwei Stunden von Berlin nach New York fliegen – und das schon in den 60ern!?) sind es eben die perfekt besetzten Figuren, denen man bis zum Ende mitfiebert. Apropos Ende, eben dieses fällt dann letztlich leider etwas Mau aus.

The End of the Fucking World

Netflix hat sich ja schon lange als Garant für „strange“ Dinge (nein, diese Serie wird hier nicht besprochen!) etabliert. Das Ding hier ist wieder so ein kleines Meisterwerk. Nur zwei Staffeln (ich hoffe es bleibt wirklich dabei), 16 Folgen à 25 Minuten, keine Minute davon verschwendet, pointiert und präzise, faszinierend und abstoßend, brüllend komisch und todtraurig. Getragen von zwei Jungdarstellern, die man hätte für diese Serie erfinden müssen würde es sie nicht geben! Worum geht’s überhaupt? Teenager-Nerd James denkt von sich er sei ein psychopathischer Serienmörder. Dummerweise konnte er es bisher noch nicht so wirklich ausprobieren.

Da kommt die neue rebellische, soziopathisch-nihilistische Schulkameradin Alyssa gerade recht. Unter verqueren Umständen starten die beiden mit geklautem Auto einen Roadtrip durch das Land, an dessen Ziel wirklich das Ende dieser verfickten Welt steht… Alles was folgt muss man selbst sehen um es fühlen zu können. Absurditäten und krasse Wendungen unterwandern andauernd alle Klischees und Erwartungen. Auch in der zweiten Staffel wird das Niveau locker gehalten. Kurzum: Großartig klein und einzigartig fein!

Fleabag

Noch kleiner und noch feiner ist FLEABAG. Phoebe Waller-Bridge spielt eine Londoner Café-Besitzerin, die den Verlust ihrer besten Freundin durch Ausschweifungen aller Art „betrauert“. Sie ist eine Frau, die sich mit ihrer Familie zumindest innerlich völlig überworfen hat, deren Traumata aber weitreichender sind als es den Anschein macht. Nur zwölf Folgen umspannt diese fast grotesk gut geschriebene Dramedy (übrigens von der Hauptdarstellerin selbst!). Der extrem clevere und nie oberflächliche Humor trifft auf abgrundtief schwarze Seelen und gipfelt oft in maximal peinliche und ausweglose Situationen. Die Geschichte ist unheimlich dicht und lässt einen nicht mehr wirklich los. Trotz der geringen Laufzeit steckt immens viel Weisheit und Gefühl darin. Wenn Fleabag dann mit einem Blick durch die „4. Wand“ dem Zuschauer mehr sagt als 1000 Worte, dann baut sich eben eine ganz besondere Beziehung zu dieser Geschichte auf – perfekt!

Preacher

Gott hat keinen Bock mehr – auf die Welt, auf seinen Job, auf die jammernde nichtsnutzige Menschheit! Also haut er einfach ab. Er ist ja schließlich Gott und kann machen „watta will“. Allerdings ruft sein Fehlen ein leichtes „Ungleichgewicht“ zwischen Himmel und Hölle hervor – dazwischen sehen wir einen Prediger (nebst seiner Ex-Gangsterbraut und seinem Vampir-Buddy), der es sich zu seiner Mission gemacht hat, diesen Verpisser von Scheiß-Gott wieder einzufangen und auf seinen Stuhl zu setzen! So weit zur Basis dieser wohl irrsten aller denkbaren Comic-Verfilmungen.

Hier bleibt kein Auge trocken, kein Mund geschlossen, kein Heiligtum auf seinem Sockel, keine politische oder irgendeine Korrektheit unbesudelt. Es fließt das Blut in Niagara-Dimensionen, ob Hitler oder Satan himself – the pack is on the run! Ich kann verstehen, dass das nicht allen gefallen wird. Wer sich bspw. darüber echauffiert, dass Suizidale, Behinderte oder der Gottessohn der Lächerlichkeit preis gegeben werden, sollte einen großen Bogen um diese Serie machen. Das Ding spaltet 43 Folgen lang mit maximaler Härte. Und ist so für mich – ganz subjektiv – der denkbar unterhaltsamste Schlag in die Fresse ever! Ganz objektiv gesehen ist das Teil zudem sehr aufwendig produziert. Und auch wenn es eine Vorlage gibt, merkt man in jeder Szene die Kreativität der Macher um Seth Rogen. Noch dazu ist auch der Cast großartig besetzt, was will das Atheisten-Herz mehr?

True Detective

Anthology-Serien haben ja sowohl ihren Reiz als auch ihre Probleme. Zum einen kann man (wie z.B. in „American Horror Story“) immer wieder eine neue Welt kreieren, zum andern muss man sich als Zuschauer aber doch immer wieder auf ein neues Setting einlassen. Daher ist es wichtig, den Style und „dat Jeföhl“ beizubehalten und damit eine Basis zu schaffen, an der alle Staffeln und ihre Storys andocken können. Bei TRUE DETECTIVE ist diese Basis das Böse – vor allem das, was es aus denjenigen, die den Beruf des „Detectives“ gewählt haben, macht.

Die erste Staffel von 2014 wurde global als Meisterwerk gefeiert. Und das absolut zurecht, sehen wir doch dem Duo Matthew McConaughey und Woody Harrelson im verschwitzten Louisiana dabei zu, wie ihre persönliche Geschichte mit einem Mordfall verschmilzt. Verschachtelt und sprunghaft erzählt, wirklich meisterhaft montiert und gespielt, ein Meilenstein der modernen Serienproduktion. Dass Staffel 2 das Niveau nicht ganz halten konnte wurde m.E. zu kritisch bewertet. Wir sehen immer noch großartige Darsteller (Colin Farrell, Vince Vaughn etc.) in einer extrem spannenden und bitteren Story. Vielleicht ist diese etwas zu bitter für den ein oder anderen Geschmack.

Nach vier Jahren Pause nun also Staffel 3: Oscar-Gewinner Mahershala Ali und Stephen Dorff verfolgen über Dekaden einen Fall, der sie nie wieder los lässt. Es ist ein Fall, der rätselhaft und abgründig ist, mysteriös und dramatisch, traurig und deprimierend. Also wieder nichts für zarte Gemüter oder für einen „netten TV-Abend“. Aber wieder überragend, wieder ganz massiv und kompromisslos!

Game of Thrones

Japp, ich bin vor Monaten wirklich jeden Montag um fünf Uhr aufgestanden, um die letzten sechs Folgen der finalen Staffel SOFORT zu sehen. Mehr Hype und Diskussion um eine Serie hat es wohl noch nie gegeben.. Auch wenn das Finale stark kritisiert wurde, ich fand es großartig! Das „Ende“ des Throns hat mich noch nie so voller Gänsehaut zurück gelassen. Es gibt durchgängig unfassbar epische Szenerien, unnachgiebig, hart, ehrlich. Ein verdientes Ende mit Schrecken! Sicher hätten ein bis zwei Folgen mehr nicht geschadet. Aber wenn man sich diesen Produktionsaufwand ansieht, muss man diesem Team auch zugestehen, das Monster mit gesunder Effizienz zu erschlagen.

Acht Jahre lang hat dieser Weg nun gedauert (und ich kann mich an manche Szenen noch so „gut/schlecht“ erinnern, dass ich weiß, welche Klamotten ich dabei trug!). Die ersten Schritte waren noch schwierig und zäh. Doch je länger der Weg wurde desto soghafter war seine Wirkung. Dies zu wiederholen – egal ob als Sequel/Prequel oder in einem gänzlich anderen Rahmen – wird aus meiner Sicht unmöglich sein: GoT FOREVER!

Also, sollten eure Weihnachtstage wider Erwarten nicht so wirklich spannend und ereignisreich werden, sollte euch jetzt klar sein „what to do“!

In diesem Sinne, Frohes Fest!
Euer Hank Frank Schrader

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