Wenn der Prophet nicht zum Berg kommt, kommt der Berg eben zum Propheten. Frei nach diesem Motto tuckert das Ausstellungsschiff „MS Wissenschaft“ seit gut 17 Jahren direkt zu seinen Besuchern. Das ist ein tolles Konzept und allein schon Grund genug, an Bord zu gehen. Aber natürlich bietet das schwimmende „Science Center“ noch vieles mehr.
102 Metern lang, 9,50 Meter breit und mit einer Ladefläche von rund 550 Quadratmetern ausgestattet liegt die „MS Wissenschaft“, die in Alltag eigentlich „MS Jenny“ heißt, am Bonner Stresemannufer vor Anker. Das ehemalige Güterschiff kann 1.919 Tonnen laden, was laut offizieller Webseite einer Ladekapazität von rund 76 LKW entspricht. Gebaut und getauft wurde das Schiff 1969 als „MS Vera“ auf der Elfring-Werft in Haren (Ems).
Schlaue Maschinen – Chance oder Risiko?
Flankierend zum diesjährigen Wissenschaftsjahr widmet sich die „MS Wissenschaft“ dem hochaktuellen Thema „Künstliche Intelligenz“. Gemeint sind damit Computersysteme, Maschinen und Roboter, die selbstständig lernen können. Mit der fortschreitenden Digitalisierung und Vernetzung sowie der enorm gestiegenen Leistungsfähigkeit von Computern haben sich auch die Möglichkeiten, Maschinen und Programmen vermeintlich eigenständiges Denken einzuhauchen, enorm weiterentwickelt. Waren etwa selbstfahrende Fahrzeuge früher Stoff für Science Fiction Filme, sind sie heute längst im Einsatz, etwa im öffentlichen Nahverkehr. Firmen wie Google und viele namhafte Autohersteller testen bereits seit Jahren ihre Entwicklungen.
Auch Roboter als menschliche Klone sind längst kein reines Filmsujet mehr. Unsere künstlich intelligenten Alter Egos können sprechen, Emotionen zeigen und selbstständige Entscheidungen treffen. In Saudi Arabien sorgt „Sophia“ für Aufsehen. Sie ist der erste Roboter, der zur Staatsbürgerin mit den gleichen Rechten wie Menschen ernannt wurde. Im Kongo regeln „RoboCops“ den Verkehr, in Japan bedienen sie Gäste in einem Hotel und in Finnland unterrichten sie Kinder mit schier unendlicher Geduld und Wissenskraft. Leider hat auch die Militärindustrie den Vorteil von Robotern schon lange entdeckt, mit den richtigen Programmen werden sie zu einer autonom entscheidenden Killermaschine – der Terminator lässt grüßen. Und den passenden Filmsoundtrack dazu können intellligente Programme auch gleich komponieren.
Künstliche Intelligenz zum Anfassen
Die schwimmende Museumsmeile beleuchtet unter andere die Frage, was künstliche Intelligenz genau ist. Wo kommt sie her, wie funktioniert und lernt sie, wie riskant ist sie? Wie so oft bei Zukunftsthemen befindet man sich auch hier in einem – auch moralischen – Zwiespalt zwischen Nutzen und Risiko, zwischen Lösung und Gefahr. Neben der Begeisterung begleitet einen ein leicht mulmiges Gefühl durch die gesamte Ausstellung. Dies zeigt sich auch in den Kommentaren, die Besucher an einer Pinnwand hinterlassen können. Dort sagen Besucher u.a., dass sie Angst davor haben, dass die Künstliche Intelligenz unkontrollierbar wird.
Dank vieler Mitmach-Stationen ist der Besuch der „MS Wissenschaft“ gerade auch für Kinder und Jugendliche spannend. Neben einer eindrucksvollen Zeitreihe zur Geschichte der künstlichen Intelligenz, gibt es u.a. einen musikalischen Kompositionscomputer, Handball in virtueller Realität und eine (virtuelle) Fahrt im selbstfahrenden Auto. Insgesamt bietet die Ausstellung rund 25 Exponate, von denen viele direkt aus der Forschung und Wissenschaft stammen. So wird auch ein eher unfassbares Thema (be)greifbar gemacht.
Die Reise geht weiter
Zudem stehen an allen Stationen Ausstellungshelfer – konsequenterweise „Lotsen“ genannt – für Fragen aller Art bereit. Weiteres Informationsmaterial in der Info-Theke zu bekommen. Das alles sogar kostenlos, denn der Eintritt ist frei. Und auch für das leibliche Wohl ist gesorgt. Im offenen Bord-Café verkauft das Kapitänsehepaar der „MS Jenny“ a.k.a. „Wissenschaft“ höchstpersönlich kalte und warme Getränke, Brezeln und Kuchen zu überaus moderaten Preisen. Damit wird der Besuch des Museumsschiffs in jeglicher Hinsicht zu einer runden Sachen.
Die „MS Wissenschaft“ setzt ihre Forschungsreise der besonderen Art noch gute drei Monate fort, bis sie am 21. Oktober 2019 im österreichischen Linz ihre letzte Station macht. Gestartet war sie Mitte Mai in Berlin. Alle Termine und weitere Informationen zur Wissenschaftstour 2019 findet ihr auf der offiziellen Webseite (https://ms-wissenschaft.de/ausstellung/tour-2019/).
Kleiner Funfact zum Schluss: Anlässlich des Wissenschaftsjahres 2019 hat die Gesellschaft für Informatik e.V. eine repräsentative Umfrage zu Künstlicher Intelligenz durchgeführt. Auf die Frage, welche Maschinen mit Künstlicher Intelligenz aus Filmen, Büchern oder Comics bekannt sind, gaben Dreiviertel (76 %) der Befragten ab 16 Jahre den „Terminator“ aus dem gleichnamigen Film an. Zwei Drittel der Befragten (65 %) kannten „R2-D2“ aus den Star-Wars-Filmen. Das Sprechende Auto „K.I.T.T.“ aus der Serie „Knight Rider“ landete mit 59 % auf dem dritten Platz. Auf die Frage, welche Maschinen die eigene Vorstellung von Künstlicher Intelligenz am stärksten geprägt haben, landet „R2-D2“ ganz vorn. Etwa ein Fünftel der Befragten (20 %) gab an, dass der Droide ihrer Vorstellung von Künstlicher Intelligenz am nächsten kommt. Darauf folgen der „Terminator“ (17 %) und „Commander Data“ aus „Star Trek“ (17 %).
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